Mit der 
Wissenschaft 
Lösungen 
entwickeln

Rechts: Forschung mit globaler Relevanz  
Die Erkenntnisse aus dem Projekt „MuSE“ tragen zur Verbesserung der Umweltbedingungen in der Land-, Forst- und Wasser- wirtschaft bei – auch jenseits der ehemaligen Stein- kohleregionen.
©THGA/Volker Wiciok

Links: Forschung im Gelände
Dr. Bodo Bernsdorf lässt regelmäßig Drohnen mit Spezialsensoren in der Region aufsteigen.
©THGA/Volker Wiciok

Wie lässt sich das Wassermanagement in den ehemaligen Bergbauregionen an Ruhr, Saar und in Ibbenbüren noch nachhaltiger gestalten? Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich das Forschungszentrum Nachbergbau – und findet dabei innovative Lösungen, die auch international Anerkennung finden. Ein Beispiel ist das Projekt „MuSE“ – kurz für Multisensor-Geomonitoring zur Optimierung der nachbergbaulichen Wasserhaltung –, gefördert von der RAG-Stiftung.

Die Ewigkeitsaufgaben

Wo in anderen Teilen der Welt, wie etwa in China oder Kolumbien, das Ende der Steinkohlenförderung noch bevorsteht, geht der Blick häufig ins Ruhrgebiet: Das von der RAG-Stiftung geförderte Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum ist auf diesem Gebiet führend. Das FZN ist weltweit die einzige, wissenschaftlich unabhängige Forschungseinrichtung zum Nachbergbau und kümmert sich unter anderem um Fragen rund um die Ewigkeitsaufgaben des Steinkohlenbergbaus – also Grubenwasserhaltung, Poldermaßnahmen und Grundwasserreinigung. Konkret führt das FZN unter anderem geologische Forschungen zur Wasserhaltung durch, untersucht die Auswirkungen des Grubenwasseranstiegs auf Methanausgasungen und optimiert Poldermaßnahmen. Auch Analysen zum Geo-Monitoring im Alt- und Nachbergbau zählen zu den Aufgabengebieten des wissenschaftlich hochkarätig aufgestellten Forschungszentrums. Somit trägt das FZN insgesamt auch dazu bei, dass das Grundwasser in den ehemaligen Bergbauregionen sauber bleibt und wasserführende Ökosysteme geschützt werden.

Herausforderungen der Nachbergbauzeit

Speziell mit Blick auf das sogenannte Poldern (Eindeichen) beschäftigt sich das FZN mit einer zentralen Fragestellung: Wie kann, insbesondere hinsichtlich des Klimawandels, eine effiziente und nachhaltige Neuausrichtung des Poldermanagements in den ehemaligen Bergbauregionen aussehen? Eine Antwort darauf liefert das Wissenschaftsprojekt „MuSE“. Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied des Vorstands der RAG-Stiftung,betont die Wichtigkeit dieses Projekts: „Wir als RAG-Stiftung sehen uns in der Verantwortung, Lösungen für die Herausforderungen zu finden, die uns der Bergbau hinterlassen hat. Vor diesem Hintergrund arbeiten wir eng mit der Technischen Hochschule Georg Agricola und dem Forschungszentrum Nachbergbau zusammen und fördern das Projekt ‚MuSE‘ mit großer Überzeugung.“

Die RAG-Stiftung unterstützt die THGA bereits seit vielen Jahren. Dazu gehört auch die Förderung von zwei Stiftungsprofessuren am FZN: Von 2012 bis 2017 war Prof. Dr. Christian Melchers Stiftungsprofessor für „Geoingenieurwesen und Nachbergbau“, für die Jahre 2018 bis 2023 erhielt Prof. Dr. Tobias Rudolph die neue Stiftungsprofessur „Geomonitoring im Alt- und Nachbergbau“.

Wassermanagement im Ruhrgebiet
Der industrielle Bergbau hat den Wasserhaushalt der Region maßgeblich beeinflusst, teilweise entstanden sogar ganz neue Gewässer, wie der Ewaldsee in Herten. ©THGA/Volker Wiciok

Veränderungen digital modellieren

Beim Projekt „MuSE“ steht für Prof. Rudolph und sein Team die wirtschaftliche und technische (Neu-)Bewertung des Poldermanagements mittels der Methode des Multisensor-Geomonitorings im Fokus. Dr. Xiaoxuan Yin, Spezialistin im Bereich Radarinterferometrie und Fernerkundung, kam für das Projekt neu an das FZN und erläutert die Vorgehensweise: „Wir verwenden verschiedene Sensoren, um die Bodenfeuchtigkeit zu ermitteln. Gleichzeitig werten wir Daten im Umfeld der beiden im Ruhrgebiet zuletzt aktiven Bergwerke Prosper-Haniel in Bottrop und Auguste Victoria in Marl aus und erkunden mit unseren Drohnen die Vegetation. Die Informationen vor Ort vergleichen wir mit Fernerkundungsdaten des europäischen Satellitenprogramms Copernicus und werten diese erstmalig für diese Fragestellung aus.“ Die vielen unterschiedlichen Informationen fusioniert Dr. Yin in einem 4D-Modell mit dem Faktor „Zeit“ als vierter Dimension. Das ermöglicht, die Veränderungen des Wasserhaushalts und deren Auswirkungen auf die Umwelt im Laufe der Jahrzehnte nachzuvollziehen und sie digital zu modellieren.

Poldermanagement nachhaltig gestalten 

Mittelfristig lassen sich die Forschungsergebnisse von „MuSE“ auch auf nicht-bergbauliche Anwendungsfälle übertragen. So könnten etwa die wirtschaftliche und technische Nutzung eines gehobenen Grund- und Oberflächenwassers ihren Beitrag dazu leisten, Dürreschäden in der Land- und Forstwirtschaft zu minimieren. Gleichzeitig lassen sich mit digitalen Modellen Extremwetterphänomene wie Starkregen besser vorhersagen und Maßnahmen ableiten, mit denen sich die negativen Folgen solcher Ereignisse eindämmen lassen.

Multisensor-Geomonitoring
Wissenschaftlerin Dr. Xiaoxuan Yin erfasst mittels Satellitendaten die Veränderungen des Wasserhaushalts im Ruhrgebiet. ©THGA/Volker Wiciok

„Wir nutzen Bodensensoren und Drohnenbilder, um sie mit Fernerkundungs­daten aus dem Satelliten­programm Copernicus zu vergleichen. So können wir Veränderungen des Wasserhaushalts und deren Auswirkungen auf die Umwelt detektieren.“ 

Dr. Xiaoxuan Yin, Spezialistin im Bereich
Radarinterferometrie und Fernerkundung

Renaturierung durch Wassermanagement 
Die Boye, ein Nebenfluss der Emscher, hat sich dank Optimierung der Wasserhaltung zu einem naturnahen Wasserlauf entwickelt. ©Alamy

Bessere Umwelt­bedingungen schaffen

Für das Forscherteam ist genau diese langfristige Betrachtung entscheidend: „Hierdurch können wir künftige Veränderungen des Wasserhaushalts berechnen und Empfehlungen zur langfristigen Flächen- und Ressourcennutzung geben. Damit trägt das Projekt dazu bei, dass sich die Umweltbedingungen in der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft verbessern“, unterstreicht Prof. Rudolph. Die Ergebnisse des FZN sind nicht nur für die ehemaligen Steinkohlenregionen an Ruhr, Saar und in Ibbenbüren von großer Relevanz, sondern lassen sich auch auf sämtliche andere Regionen mit vergleichbarer Fragestellung in Deutschland, Europa und letztendlich weltweit übertragen.

Multitemporale Drohnenaufnahmen
Die Wasserführung der Flüsse und die Landschaftsentwicklung im Naturschutzgebiet an der Boye in Bottrop lassen sich in der zeitlichen Abfolge gut nachvollziehen. Die blaue Punkte markieren Bodensensoren, rote Markierungen dienen als Bezugspunkte bei der Luftbilderstellung. ©THGA


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